ROTTERSHAUSEN
Sechs Wochen Zaatari statt Frankfurt
Michael Gessner vom THW Ortsverband Kissingen half in einem Flüchtlingslager in Jordanien
Sechs Wochen arbeitete Michael Gessner vom THW-Ortsverband Bad Kissingen im Lager el Zaatari in Jordanien, wo inzwischen 120 000 bis 150 000 Menschen nach ihrer Flucht aus Syrien zumindest eine vorübergehende Bleibe gefunden haben. „Wir haben vor allem die Ver- und Entsorgung im Sanitärbereich aufgebaut. Die Menschen dort haben unsere Dienste geschätzt. Wir waren die Einzigen, die sich um alles kümmerten“, berichtete er nach seiner Rückkehr.
Bereits im Oktober und November war Gessner in dieser Auffangstation, 25 Kilometer von der Grenze zu Syrien entfernt. Wie damals, kamen auch diesmal täglich Familien, die Hab und Gut im Assad-Regime zurückließen. „Das Camp ist inzwischen so gewachsen, dass es zur viertgrößten Stadt Jordaniens geworden ist. Es ist ein Kommen und Gehen. Täglich ändern sich die Zahlen“, so Gessner, der als einer von den 15 THWlern humanitäre Hilfe leistete. Deutschland sei der einzige Staat, der sich unter dem Unicef-Dach direkt engagiere. Andere Länder wie Norwegen oder Japan seien als „Non-Government-Organisations“ beteiligt.
„Wir vom THW genießen im Lager großen Respekt. Unsere Hausmeisterfunktion schätzen die Flüchtlinge. Die Wasserknappheit nahm zuletzt bei Tagestemperaturen zwischen 32 und 40 Grad immer mehr zu. Tankwagen brachten Tag und Nacht Wasser, das wir in Erdtanks speicherten.“ Natürlich komme es in einem so riesigen Camp zu Spannungen. „Viele Menschen wollen arbeiten, finden aber keine Stelle. Sie möchten Geld verdienen. Verständlicherweise wächst die Unzufriedenheit, Perspektiven fehlen“, machte er deutlich. Am 30. Juni endete der THW-Einsatz. Die Arbeiten würden jetzt von der UNICEF verwaltet. „Die Bewohner hätten lieber gesehen, dass wir bleiben. Dafür haben sie gar demonstriert!“
Die Aufgabe habe ihm und seinem Team trotz der schwierigen Lage Spaß gemacht. In den sechs Wochen wurde vielen in Not geholfen, vor allem, weil sie sich vorrangig um Toiletten kümmerten. „Jeden Tag stellten wir vier Latrinen auf“, so Gessner. Werkzeuge und Materialien habe man zurückgelassen, damit die Betreuung weiterlaufen könne. Unterkunft war wie zuvor in einem Vorort der Hauptstadt Amman, 70 Kilometer vom Lager entfernt. Für Hin- und Rückfahrt fiel jeweils eine Stunde an. Etwas Zeit sei am Wochenende für Sightseeing geblieben. „Wir konnten uns immer frei und sicher bewegen. Das war der Ausgleich zur harten Arbeit, die wir aber gerne als praktische Nächstenliebe machten“, versicherte er. Gut getan habe Lob wie von Horst Seehofer und Hans-Peter Friedrich. In Jordanien habe man wiederholt erfahren: „Das THW ist Aushängeschild und Botschafter der Bundesrepublik.“
Einblicke in das Camp haben vier Berichte im ZDF gezeigt. Wie es dort nun weitergehe, sei offen. Das THW habe ein Jahr lang sein Können in el Zaatari eingebracht. Jetzt steht eine neue Aufgabe an: 50 Kilometer entfernt entsteht in einem Wüstengebiet ein neues Camp, wo das THW wieder beim Aufbau der Infrastruktur beteiligt wird. Die Frage, ob er noch ein drittes Mal nach Jordanien gehe, ließ Gessner offen: „Das ist nur möglich, wenn Familie, Arbeitgeber und der eigene Körper mitspielen“, erklärte er, der bei Imtech in Frankfurt als Bauleiter für technische Ausstattung von Gebäuden Verantwortung trägt. Damit bringt der gelernte Heizungs- und Lüftungsbauer berufliche Qualifikationen, die für einen solchen Auslandseinsatz Voraussetzung sind, mit. „Großes Lob gilt meiner Familie und meinem Arbeitgeber, die viel Verständnis für meine THW-Aktivitäten aufbringen“, würdigte er. Beim THW OV Bad Kissingen ist er seit 1993 mit dem Schwerpunkt Kraftfahrzeugwesen tätig.
Von unserem Mitarbeiter Stefan Geiger